Autonomes Sanitätskollektiv Göttingen

Wir sind das Autonome Sanitätskollektiv (ASK) aus Göttingen, das Erste Hilfe Wissen von und für die linke Szene mithilfe von Workshops bereitstellt und Aktionen begleitet.

Ausschluss eine Mitglieds aus dem Kollektiv

Hallo,

wir haben kürzlich ein Kollektivmitglied ausgeschlossen und möchten die Gründe dafür mit euch teilen. Vor allem, um für mögliche weitere Betroffene ansprechbar zu sein und Awareness für patriarchales Fehlverhalten zu stärken. Wir sind überzeugt, dass das von uns im Folgenden beschriebene Verhalten kein Einzel- oder Sonderfall ist. Strukturelle Gewalt und individuelles Versagen von cis Männern, die der Grund für den Ausschluss waren, finden überall statt. 

Im Verlauf von einem Jahr ist ein Genosse von uns mit drei FLINTA Personen aus dem Kollektiv überschneidende romantische Verhältnisse eingegangen. Die Personen wurden darüber im Dunkeln gelassen, trotz anderweitiger Absprachen. Alle drei berichten von emotionaler Manipulation, Unehrlichkeit, Intransparenz und Vertrauensbrüchen.

Es gab vielzählige Versuche der Genoss*innen, mit ihm an seinem Verhalten zu arbeiten. Dabei zeigte er zwar Bereitschaft, aber keine Eigeninitiative, die Kritik umzusetzen. Es blieb bei leeren Absichtsbekundungen. Er verhielt sich weiterhin intransparent, sowohl den Betroffenen als auch dem Kollektiv gegenüber.

Der Ausschluss fällt uns nicht leicht. Jedoch sehen wir so keine Möglichkeit für ein gemeinsames Aufarbeiten. Das notwendige Vertrauen für die gemeinsame Kollektivarbeit, insbesondere beim Begleiten von Aktionen, ist verloren gegangen. 

Egal wo: Es ist eher die Ausnahme als die Regel, dass cis Männer nach Fehlverhalten ernsthaft Verantwortung übernehmen. Auch dann nicht, wenn sie explizit darauf aufmerksam gemacht werden. Für- und miteinander Verantwortung zu übernehmen ist aber unerlässlich in jeglichen sozialen Kontexten.

Wir laden daher explizit andere Politgruppen ein, kritisch in die eigenen Strukturen zu schauen. Das beinhaltet für uns, ob und wie offen FLINTA Personen Kritik an (cis)männlichen Verhaltensweisen äußern können. Dazu gehört auch, immer wieder in den Austausch mit FLINTA Personen zu gehen, die bereit dazu sind. Es geht nicht nur um Reflektion eigenen Fehlverhaltens, sondern um konkrete Ziele für ein gutes Miteinander. Schaut kritisch, ob die Ziele auch erreicht werden.

Vor allem in Beziehungen zwischen cis Männern braucht es Offenheit, mit eigenem Versagen, Unsicherheiten und damit zusammenhängenden Emotionen reflektiert umzugehen. Fragt eure Kumpels regelmäßg und aufrichtig, wie es ihnen geht und kümmert euch umeinander. Sagt Menschen, wenn sie Scheiße bauen und regelt gemeinsam, wie sie dafür Verantwortung übernehmen können. Wenn du merkst, du vermeidest etwas, weil es in dir z.B. Angst, Wut, Trauer oder Scham auslöst: Dann solltest du genau in diese Gefühle mit deinem Kumpel gehen und damit umgehen lernen – ohne wie sonst oft FLINTA Personen als Helfer*innen zu benutzen.

Wir beziehen uns hier vor allem auf unsere Situation, sodass wir in diesem Statement vor allem auf gegenderte Aspekte von Unterdrückung eingegangen sind. Sich gegenseitig kritisch begleiten ist unabhängig von der Diskriminierungsform wichtig. Dafür müssen wir alle immer wieder vermeintlich einfache, oftmals binäre Kategorien überwinden. Und aushalten, dass es keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen in diesen unterdrückenden Verhältnissen gibt.

Falls sich aus unserem Statement Fragen ergeben oder für mögliche Betroffene: Ihr könnt uns über demosanigoe@riseup.net oder persönliche Kontakte erreichen. Wir werden uns hierzu nicht weiter öffentlich äußern. Damit Betroffene mit uns in Kontakt treten können, ist vor allem wichtig zu wissen, dass die Person offen mit der Mitgliedschaft im Kollektiv umgegangen ist. Daher halten wir es nicht für notwendig, das ehemalige Mitglied namentlich zu benennen.

Euer Autonomes Sanitätskollektiv (ASK) Göttingen